Mittwoch, 16. Januar 2013

draw the line.

"Du hättest nicht kommen sollen."
Ich wende meinen Blick von ihr ab und meine Körperhaltung zeigt eindeutig Ablehnung und Distanzierung. Ihr bettelnder Blick versucht meinen zu treffen, und als sie es schafft, zuckt sie zusammen, weil Wut, Hass und Enttäuschung von meinem ausgeht.
"Ich wollte nicht, dass es soweit kommt.", sagt sie mit leiser Stimme.
"Ach wirklich?"
"Wie kann ich das alles wieder gut machen? Es tut mir doch so leid! Ich kann es nicht ungeschehen machen! Du bist meine beste Freundin und ich will dich nicht verlieren, aber du lässt es mich ja nicht wieder in Ordnung bringen!"
Ich lache kurz und abschätzig auf, abgewendet stehe ich im Türrahmen.
"Weisst du, deine Worte sind immer die gleichen. Du denkst nie nach, du handelst einfach mal und schaust, was passieren wird. Natürlich gehst du nie vom Schlimmsten aus, sondern immer nur von einer dir zu Gunst kommenden Reaktion. Und dann sagst du immer, dass du es nicht gewusst hast, dass du nicht damit gerechnet hast, dass es einfach passiert ist, dass du einfach Pech gehabt hast. Deine Ausreden glaubt dir schon lange niemand mehr, und ich war die Einzige, die noch irgendwie an dich geglaubt hat..."
Sie schaut mich mit grossen Augen an, ihre Hände und Beine zittern leicht. Einige Fusspassanten werfen uns neugierige Blicke zu, als würden sie ein grosses Spektakel erwarten. Wir sind zu laut und da ich nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf uns ziehen möchte, zerre sie ins Haus, schliesse die Tür und führe sie hastig ins Esszimmer. Dort setzt sie sich auf einen Stuhl und betrachtet mit leerem Ausdruck in den Augen ihre Hände. Mit einem Glas Wasser für sie setze ich mich zu ihr. Egal, was ich sagen werde, es hilft sowiso nichts. Sie wird Reue zeigen, ein paar Tage sich Mühe geben und dann, schwups, ist sie wieder die alte Jane, die ab und zu mal gegen das Gesetz und die menschliche Moral verstösst. Es scheint hoffnungslos. Ich wende mich dem Fenster zu und betrachte die Bäume und die Blumen, es ist Frühling. Zeit für einen Neuanfang.
Als meine Augen wieder auf Jane fallen, merke ich, dass sie mich die ganze Zeit über angesehen hat, während ich aus dem Fenster schaute und nachdachte. Ich sage nichts und warte, dass sie spricht. Doch es kommt kein Ton aus dem Mund, keine Worte, einfach nichts. Sie beginnt mit ihren Fingern nervös zu spielen, was mich sonst nicht nervt, aber dieses Mal schon. Weitere Minuten ticken vorbei, ohne dass jemand von uns etwas sagt. Langsam werde ich ungeduldig und frage gereizt: "Hast du eigentlich nichts dazu zu sagen? Nicht irgendetwas?" Als nach einigen Minuten immer noch eine Stille von ihr ausgeht, platzt mir der Kragen. Ich spüre innerlich, wie ein Vulkan ausbricht, der äusserlich tausend Jahre geschlafen hat, aber innerlich schon von Anfang an gebrodelt hat. Meine Wut nimmt meinen ganzen Körper ein und ich beginne zu schreien.
"Es kotzt mich an, ganz ehrlich! Du baust die ganze Zeit Scheisse, hast aber nie eine Erklärung für dein Verhalten! Wer holt dich eigentlich immer wieder aus dieser Scheisse raus?! Ja, ich! Und jedesmal missbrauchst du erneut mein Vertrauen! Versprichst mir immer wieder, dich zu ändern, dass du endlich Ziele im Leben hast, deine Träume verwirklichen willst, aber du tust nichts! Du lernst nie aus deinen Fehlern und Konsequenzen scheinst du nicht zu kennen! Ich kann so einfach nicht mehr weitermachen. Du hast mich zutiefst verletzt und hintergangen. Wenn das so weitergeht, gehe ich dran kaputt. Ich bin 24/7 in Sorge um dich, glaubst du, dass das mein Leben wunderbar macht?? Meine Nerven sind einfach erschöpft, für dich ist einfach nichts mehr da. Es tut mir nicht eimnal leid, du bist selbst für dein Leben verantwortlich. Nicht deine Eltern oder deine Freunde sind es, sondern du ganz allein. Ich habe nur noch Mitleid mit dir. Wenn du weiter dein Leben vergeuden willst, okay. Bitte sehr, aber ohne mich. Du hattest genug Chancen. Unsere langjährige Freundschaft wurde vor drei Tagen hingerichtet, als du..."
Ich starre sie nur wütend an, schaffe es nicht auszusprechen, was sie getan hat. Dieses Mal hat sie den Bogen überspannt. Unsere Freundschaft ist vorbei, jetzt ist es auch für sie offiziell. Ich packe sie am Oberarm und schmeisse sie meinem Haus. Mit dem Rücken lehne ich an die Tür und seufze laut. Ich rutsche auf den Boden und beginne zu weinen. 15 jahre innige Freundschaft einfach vorbei. Alles, was zurückbleibt, sind die Ruinen unserer schönsten Erinnerungen. Der Schmerz, die Enttäuschung überwiegte schon zu lange.

Rom

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